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Artikel vom 07.02.2007

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BERLIN/BELZIG

Schöne Aussicht vom 11. Himmel

Der Fläming in Berlin
Teil 5: Belziger Ring, Borkheider und Rabensteiner Straße

In vielen Orten Deutschlands – so auch in Belzig – findet man eine Berliner Straße. Wie sieht es aber in Berlin mit Straßen aus, deren Namen einen Bezug zum Fläming haben? Gut ein Dutzend Mal ist die Region auf Straßenschildern der Hauptstadt vertreten. So erhielten allein am 3. August 1983 fünf Straßen in Marzahn den Namen von Orten aus dem Fläming. Als zu DDR-Zeiten die drei Wohngebiete Marzahn, Hellersdorf und Hohenschönhausen entstanden, wurde es Brauch, die Straßenzüge nach Heimatgegenden und Orten der dort eingesetzten Bauarbeiter zu benennen. So zum Beispiel der Belziger Ring, die Borkheider sowie die Rabensteiner Straße. MAZ-Mitarbeiter Andreas Koska stellt sie heute vor.

V om 11. Himmel aus hat man den besten Blick auf die Häuser der Nordlicht Genossenschaft. Die Nordlicht e.G. bewirtschaftet sämtliche Gebäude in den drei nach den Fläming-Ortschaften benannten Straßen – den Belziger Ring, die Rabensteiner und die Borkheider Straße.

Der „11. Himmel“ ist eine kleine, aber tatsächlich auch feine Pension in der elften Etage der „Platte“ an der Wittenberger Straße 85. Auch diese inzwischen in ganz Berlin bekannte Pension wird von einem Verein betrieben. Der Kinderring e.V. betreibt außerdem ein Café im Erdgeschoss und einen Kinderclub im Keller des „Kulturhochhauses“.

Vorsicht vor der Straßenbahn

Das Haus ist nur durch die Straßenbahngleise von dem „Fläming-Viertel“ getrennt. Am besten man nimmt den Übergang gegenüber dem „Eichencenter“. Vorsicht, die Tram M 8 hat hohes Tempo drauf. Dabei handelt es sich um ein kleines Einkaufszentrum, dass an der Fassade viel verspricht, aber bei weitem nicht mehr alles halten kann. Supermarkt, Bäcker, Zeitungsladen und die Bowlingbahn sind noch da. Die Gaststätten sind es nicht mehr. Der erste Stock fällt durch Leerstand auf. Vor dem Center steht eine Gruppe Vietnamesen. Einer von ihnen geht in Richtung des Papierkorbs. Seine Hand taucht am Müllbeutel vorbei in den Behälter, in dem Moment kommt der im Center an der Tür wartende Kunde heraus. Geld gegen Zigarettenstange. Flink wechselte das Gut den Besitzer. Vorurteile werden hier leider bestätigt.

Auf in das Viertel, das durch den Fläming und seine Orte namentlich geprägt ist. Die Häuser machen einen gepflegten Eindruck. Bunte saubere Fassaden. Die Gebäude alle sechs bis elf Stockwerke hoch. Insgesamt sind es 1400 Wohnungen, die „Nordlicht“ im April 2001 erwarb. Alle wurden renoviert, Aufzüge eingebaut, in den Eingängen der Elfgeschosser Kameras installiert. Vier Hausmeister sorgen für das Wohlbefinden. Frank Neitzel ist für die Rabensteiner Straße verantwortlich. Gerade wird er von einer Mieterin angesprochen. Eine Glühbirne sei defekt. Er will sich kümmern.

„Rabenstein? Nee, keine Ahnung, was oder wo es ist.“ Die Antwort fast schon Standard. Die Nordlicht e.G. hat ihren Hauptsitz im Belziger Ring 9. Hier kann man auch die neuesten Wohnungsangebote in einer Vitrine nachlesen. Ob im 11. Stock der Borkheider Straße 19, 90 Quadratmeter für 577,71 Euro, warm, in der Rabensteiner Straße 3 eine 32 Quadratmeter große Ein-Zimmer-Wohnung für 245,30 Euro oder im Belziger Ring 17 eine 70 Quadratmeter große Drei-Raum-Wohnung für 435,03 Euro Miete. Alles mit neuem Fußbodenbelag, neuen Zimmertüren und Fenstern, frisch tapeziert, Bäder und Küchen gefliest. Komfort wie man ihn sich wünscht.

Komfort der schon vor zwanzig Jahren der Grund für die Bewohner aus den Innenstadtbezirken war, hierher zu ziehen. Damals zog man gern hierher, die Altbauwohnungen hatten ausschließlich Ofenheizung, Klo häufig auf halber Treppe, kein Bad. In West und Ost war man glücklich, aus den Sanierungsgebieten in die Satellitenstädte zu ziehen. Ein „Ofenrohrdenkmal“ am Beginn des „Clara-Zetkin-Parks“ erinnert daran. Geschaffen wurde das bunte Potpourri aus Fliesen, Ofenrohren und Schornsteinkopf von Wolfgang Weber und Horst Göhler im Jahr 1985 in Erinnerung an die ehemaligen Mühen der Bewohner.

Damit man hier weiterhin gern lebt, veranstaltet die Nordlicht e.G. Kiezfeste und zahlt für die Vermittlung neuer Mieter Prämien.

Der Straßenverlauf ist in dem Viertel recht unübersichtlich. Der Belziger Ring schlängelt sich durch das Viertel, quert die Rabensteiner und die Borkheider Straße. Die Rabensteiner verbindet wiederum irgendwie die beiden anderen Straßen. An der Ecke Rabensteiner Straße gibt es noch einen Döner-Imbiss.

Ein rüstiger Rentner, der seinen Namen nicht verraten will, erinnert sich noch daran, dass die Bauarbeiter einst aus Potsdam und Umgebung kamen. Zu Belzig fällt ihm sofort die Burg Eisenhardt ein. „Rabenstein muss doch auch irgendwo da sein“, vermutet er richtig.

Ökologische Lernorte zwischen Plattenbauten

Zwischen den großen Parkplätzen ein Flachbau. Hier sind die Kitas „Rabennest“ und „Jahresuhr“ zu Hause. Sie verstehen sich als „ökologische Lernorte“, bieten Integration an. Die Aushänge, die um Anmeldung bitten, sind zweisprachig – russisch und deutsch. Der Träger ist das „Jugend Aufbauwerk Ost (JAO) e.V.“ Ein Stück weiter ein Blockhaus, „Rabenhorst“. Es ist ein vom Verein „Kiek in“ betriebenes Kinderhaus. Etwas hektisch und unsicher fragt eine Dame nach einer Adresse. Sie sucht die Beratungsstelle der Caritas im Belziger Ring. Dem Akzent nach scheint sie eine Russlanddeutsche zu sein. Richtig und doch falsch. Sie kommt aus der Ukraine und wohnt seit zwei Jahren hier. Mit einiger Mühe findet sie den versteckten Flachbau. Die Beratungsstelle macht erst am Nachmittag auf. Trotzdem ist die Dame zufrieden, jetzt weiß sie, wo es ist.

Auf der Rückseite befindet sich eine Kinderverkehrsschule. Wohl, weil es geschneit hat und noch früh ist, ohne Nutzer. Alle Kreuzungen sind ampelreguliert. Die drei Mitarbeiter sitzen beim zweiten Frühstück. Der 32-jährige Jörg Patschefeld arbeitet seit drei Jahren hier. Auch er weiß mit den hiesigen Straßennamen nichts anzufangen. Auf die Jugendverkehrsschule weist der „Wegweiser mit 1000 Augen“, eine von vielen bunten und fantasievollen Figuren von Christine Gersch. Diese Figuren finden sich in den Grünanlagen und auf den Wegen zwischen den Häusern. Daneben die „Ebereschen-Grundschule“. Eine städtische Schule, die nach der Pädagogik von Maria Montessori arbeitet. Übrigens eine Methode, die auch in dem nur ein Haus weiter von „urban-consult“ betriebenen Kindergarten „Kinderhaus“ Anwendung findet. An diese Einrichtungen grenzt der Park, dessen Mittelpunkt der Borkheider Teich bildet. Sehr idyllisch gelegen. Schilf bewachsen. Und trotzdem verdreckt, Mülltüten, Flaschen und sogar ein Feuerlöscher liegen im Wasser oder auf dem Eis.

Man lebt offensichtlich gerne in Marzahn-Nord. Eine eigene Zeitung erscheint zweiwöchentlich. Ein T-Shirt betont, dass es ein „Stadtteil mit Farbe ist“, eigene Kalender werden verlegt. Um den Berlinern und den Touristen den entlegenen Stadtteil näher zu bringen, veranstaltet das renommierte Berliner Stadtführungsunternehmen „Stattreisen“ Führungen durch den Plattenbau-Bezirk. Der hat nach Steglitz-Zehlendorf übrigens das zweithöchste Haushaltseinkommen in ganz Berlin. ~~UP~~

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