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BERLIN
Straßennamen heimischer Orte in der Hauptstadt: Heute die Teupitzer Straße in Neukölln
Das Dahmeland geht stellenweise mitten durch Berlin – auf den Straßenschildern mit Ortsnamen aus der Region. Die MAZ spazierte über die „heimischen Straßen“ in der Hauptstadt.
Es beginnt wie ein Märchen: „Es war einmal“. Dieses gilt auch für die schon am 2. Mai 1905 benannte Teupitzer Straße. Ursprünglich zog sie sich quer durch den Stadtbezirk Neukölln, von der Niemetzstraße über die Sonnenallee bis nach Treptow. Am 1. Juni 1964 war die Herrlichkeit vorbei. Zwischen Niemetzstraße und Sonnenallee wird die Teupitzer in Braunschweiger und danach bis zum Neuköllner Schifffahrtskanal in Ederstraße umbenannt. Was bleibt ist ein trauriger Rest. Sogar der unmittelbare Durchgang ist inzwischen nicht mehr möglich. Gegenüber dem Fernheizwerk Neukölln beginnt die uns interessierende Straße. Die Brücke über den Kanal trägt allerdings auch den Namen des Schenkenländchen-Städtchens.
Hier fallen die filigranen Laternen auf. Unter den Leuchtkörpern ist das Neuköllner Wappen angebracht. Einmal im Jahr macht an der Brücke die „Weiße Flotte“ fest. Die Kanalfahrten werden bei Berlinern immer beliebter, an der Teupitzer wird mangels möglicher Kunden wohl auch weiterhin kein ordentlicher Steg entstehen. Nur wenn Neukölln seine „48 Stunden“ feiert, mit Musik und Ausstellungen, wird auch das Fernheizwerk als Kunstort angefahren.
Neben dem blauen Geländer der Teupitzer Brücke ist das Fest das einzig bunte in der doch ansonsten tristen Straße. Rechts Gleise der Ringbahn, Container des Neuköllner Güterbahnhofs, die Kleingarten-sparte der Eisenbahnerlandwirtschaft mit dem märchenhaft schrecklichem Namen „Rübezahl“. Dann doch ein unter Denkmalschutz stehendes Gebäude. Das Männerobdachlosenasyl wurde zwischen 1927-31 gebaut. Diese Funktion erfüllt es bis heute.
Der Architekt war Karl Bonatz, der später zum Stab von Hitlers Baumeister Albert Speer gehörte. Dort war er für den Bunkerbau zuständig. Trotzdem konnte Bonatz nach dem Krieg Stadtbaudirektor werden.
Eine Kindertagesstätte und einige Wohnhäuser begrenzen die gegenüberliegende Seite. Wie ohne Plan hingeworfen wirken die 70er-Jahre-Bauten. Als wäre den Planern die Gegend egal gewesen, in Sichtweite der Mauer, am damaligen Ende der Westberliner Welt. Der Rentner Manfred Steinecke wohnt trotzdem gerne hier. Nach einigem Nachdenken kann er sich erinnern, schon mal in Teupitz gewesen zu sein. „Als Westberliner hatten wir nur die Transitwege, da war Bayern näher als Brandenburg“, sagt der Mann. Jetzt fahren er und seine Frau doch ab und an ins Umland. Die Mauer ist seit 16 Jahren verschwunden. Im Dreieck Treptower, Heidelberger und Teupitzer Straße erinnern eine Brache und ein aus Kopfsteinpflaster in Asphaltdecke eingelassenes Band an den Mauerverlauf. Kleine Kupfertafeln erläutern den Sinn. Über den Straßenschildern ist ein weiteres Schildchen angebracht „Berliner Mauerweg“ steht darauf.
Der Mauerweg ist inzwischen eine offiziell anerkannte Fahrradroute. Der Europaabgeordnete Michael Cramer bietet seit Jahren in jedem Sommer Touren auf dem Mauerweg an. Hier an unserer Ecke wird die Grausamkeit der Mauer besonders deutlich. Die Häuser an der Heidelberger Straße standen im Westen, der Bürgersteig auch. Die Fahrbahn war schon Treptow und damit Ostberlin, an den Bordstein grenzte die Mauer. Manch ein Westbalkon hing fast im Osten.
Es war einmal, hoffentlich kommt es nicht wieder. ~~UP~~
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