Übersicht der weiteren Zeitungen anzeigen
Erschienen in der Alfelder Zeitung
Alfeld/Berlin
AZ-Spaziergang: Unterwegs auf der Alfelder Straße in Berlin
Die Hochhäuser vom Potsdamer Platz, der Kurfürstendamm und Alexanderplatz – dieses Bild haben die meisten vor Augen, wenn sie an Berlin denken. Ein fast 3,5 Millionen Einwohner zählender Moloch, die größte Ausdehnung beträgt in Ost-West Richtung 45 Kilometer, vom Süden nach Norden kann man immerhin 38 Kilometer zurücklegen.
Jenseits der Innenstadt wandelt sich jedoch das Bild, von den Plattenbauten der sechtziger bis achtziger Jahre bis zu den immer noch erhaltenen dörflichen Strukturen und Kornfeldern findet man alles in Berlin.
So sieht sie aus: Die Alfelder Straße in Berlin. Es gibt sie seit dem 9. November 1926. Sie liegt in Biesdorf, im östlichsten Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf.
Die Stadt in ihren heutigen Grenzen ist erst 1920 entstanden, als acht Städte, 59 Dörfer und 27 Gutsbezirke zu Großberlin vereinigt wurden. Dies erklärt vielleicht auch die Existenz von neun Berliner Straßen in der Hauptstadt. Auch in den meisten Städten der Bundesrepublik findet man Berliner Straßen, aber in Berlin finden sich ebenfalls viele größere und kleinere Ortschaften im Straßenbild wieder. So ziert Alfeld einige Straßenschilder.
Die Alfelder Straße befindet sich in Biesdorf, im östlichsten Berliner Stadtbezirk Mahrzahn-Hellersdorf. Mit Mahrzahn verbinden die meisten Berliner die Plattenbausiedlungen. Dass es auch an dere Ecken gibt, davon kann man sich in, auf und an der Alfelder Straße überzeugen.
Anfang oder Ende: Die Alfelder Straße in Berlin ist durch ein rostiges Gitter versperrt.
Um hierher zu gelangen, sollte man vom Alexanderplatz die U-Bahnlinie U5 nehmen und am Bahnhof Biesdorf-Süd aussteigen. Von Großstadt ist hier wenig zu spüren, eher kleinstädtisch präsentiert sich die Umgebung. Einfamilienhäuser und Wiesen begrüßen den Besucher.
Von hier gelangt man in einem fünfminütigen Spaziergang zur Alfelder Straße. Den Anfang oder das Ende, je nach Betrachtung, bildet ein verschlossenes Eisentor. Dahinter verbirgt sich, durch Bäume und Sträucher verborgen, ein großes Eisenbahngelände, der Rangierbahnhof Berlin-Wuhlheide, gleichzeitig die Grenze zum Bezirk Lichtenberg.
Gleich hinter einer Autowerkstatt wird die rechte Straßenseite auf einer Länge von 400 Meter von der Kleingartenkolonie „Am Fuchsberg“ eingenommen. Der Name weist auf die früher hier vorhandenen „Berge“ hin, die höchste Erhebung hat es immerhin auf 42 Meter – und 70 Zentimeter – gebracht. Die Hügel wurden aber abgetragen, nur noch die Kolonie und die in einer Seitenstraße gelegene „Grundschule am Fuchsberg“ erinnern daran.
Alfeld? Liegt irgendwo am Harz, sagt Dr. Rainer Sermann, der gemeinsam mit Dorothea Biebel den Garten pflegt.
Die Kolonie wurde 1974 gegründet, insgesamt zählt sie 256 Parzellen; davon sind fünf neu zu vergeben. Es ist ein geringer Leerstand, im Vergleich mit den anderen Kleingartenanlagen in Berlin. Es kann daran liegen, dass die Parzellenbesitzer nicht nur an die eigene Scholle denken, sondern auch mit den Schulen kooperieren und Angebote für alle Biesdorfer vorhalten. Besonders stolz ist man auf den „größten deutschen Kräutergarten in einer Kleingartenanlage”. Der Gartenfachberater Dr. Rainer Sermann hat mit einer Gruppe von Aktiven einen für alle erlebbaren Kräutergarten angelegt.
Die Etiketten sind auch in Brailleschrift lesbar. Ein Naturlehrpfad ergänzt das Angebot. Dorothea Biebel gehört zum Team. „Alfeld sagt mir jetzt nichts, mit dem Straßennamen habe ich mich noch nicht beschäftigt”, sagt sie. Sermann tippt auf Niedersachsen, „irgendwo am westlichen Harz” vermutet er unsere Heimatstadt, die Richtung stimmt.
Auch Dr. Horst Groschopp, der Bundesvorsitzende des „Humanistischen Verbandes Deutschlands”, der hier einen Kleingarten gepachtet hat und mit seiner Enkeltochter die Kräuterspirale in Augenschein nimmt, kann nichts Genaueres über unseren Ort sagen.
Nur fünf Parzellen sind frei: In der Kleingartenanlage am Fuchsberg an der Alfelder Straße.
Hinter der Kleingartenanlage bleibt die Straße grün. Kleine Einfamilienhäuser mit geordneten und gepflegten Vorgärten säumen den Weg. Selten kommt ein Auto vorbei, ein Bürgersteig existiert nicht, ist auch nicht notwendig. Hier könnten sogar Kinder auf der Straße spielen.
Grüne Schilder weisen Teile der Alfelder Straße als Streckenabschnitt der Fahrradroute Mahrzahn – Wuhlheide – Köpenick aus. Die abgehende Alberichstraße ist sogar als Fahrradstraße ausgewiesen. Davon gibt es nur drei in ganz Berlin. Hier haben Fahrräder Vorrang, dürfen nebeneinander fahren, Kraftfahrzeuge dürfen höchstens 25 Stundenkilometer schnell sein.
Idyllisch: Wegen der Wuhle fahren viele Berliner mit dem Fahrrad auf der Alfelder Straße entlang.
In Richtung Fortunaallee werden die Häuser großzügiger. Hier stehen wunderschöne Villen. Das schönste Gebäude wird von einer Steuerberaterkanzlei genutzt. Die Inhaber Herbert Sternke und Bert Reimann engagieren sich neben dem Beruf im Sport, gehören zu den Sponsoren des Berliner Kultfußballklubs Union 06 (Union hat in Berlin einen ähnlichen Status wie St.Pauli in Hamburg) und des Ruderolympiastützpunktes in Frankfurt/Oder. An der Fortunaallee endet der fast knapp Kilometer lange Spaziergang.
Die Wuhle bildet eine natürliche Grenze. Es ist ein kleines Flüsschen, das in Köpenick in die Spree mündet. Entlang der Wuhle ist in den letzten Jahren ein über 20 Kilometer langer Spazierweg entstanden. Vor allem an den Wochenenden merkt man, dass er gut angenommen wird. Von der Wuhlebrücke bringt uns der Bus X69 wieder zur U5.
Die Alfelder Straße hat sich als zwar unspektakulärer aber geruhsamer Spazierweg entpuppt und uns eine kleine, unerwartete Idylle gezeigt. Übrigens trägt die Straße den Namen schon seit dem 9. November 1926, im Nachhinein ein geschichtsträchtiges Datum. Am 9. November 1918 wurde die Republik ausgerufen, 20 Jahre später brannten die Synagogen, und 1989 fiel die Mauer. ~~UP~~
Übersicht der weiteren Zeitungen anzeigen